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21. Februar - Welttag der Muttersprache

Muttersprache KLFünf Fragen an Prof. Dr. Wulf Schiefenhövel, Max-Planck-Institut Seewiesen (Mediziner und Verhaltensforscher, hat Jahre mit und bei den Eipo in Neuguinea gelebt, ist mit Ausnahme eines Kollegen der einzige „weiße Mann“, der Eipo spricht.) Er kuratierte den Bereich „Neuguinea“ in der Ausstellung REGENWALD.

1) Sie haben seit 1974 Jahre als Mediziner und Verhaltensforscher mit und bei den Eipo im zentralen Hochland Neuguineas gelebt. Was war das erste Wort, das Sie gelernt haben?

„teleb“, auch „telebe“ ausgesprochen - es heißt „gut“, „ok“. Mittlerweile ist es zum Gruß geworden, man wünscht sich „guten Morgen“, „guten Tag“, „guten Abend“ auf diese Weise. Auch Angehörige anderer Sprachgruppen kennen und benutzen diesen Gruß mittlerweile.

2) Was charakterisiert die dortige Eipo Sprache ganz besonders?

Es ist eine der typischen Papua-Sprachen des Berglands von Neuguinea, d. h. sie ist sehr regelmäßig (!), hat einen ungeheuer großen Formenreichtum in der Konjugation der Verben (deutlich mehr als z. B. das Altgriechische) und drückt soziale Beziehungen besonders gut aus, weil man „für Dich“, für uns“, „inmitten von uns“, „außer uns“ und andere Bezüge durch Partikel markiert, die Bestandteil des Verbs werden.

3) Das Erlernen einer komplett neuen Sprache ist nicht besonders einfach. Was war Ihr größtes Missverständnis?

Eine neue Sprache zu erlernen, ist immer ein Abenteuer. In diesem Fall war es besonders groß, weil es kein Wörterbuch, nicht mal eine Wörterliste oder einen Dolmetscher gab. Ich habe also diese sehr fremde Sprache monolingual erlernt, einfach nur durch Zuhören und Aufschreiben. Missverständnisse kamen vor allem deswegen vor, weil drei verschiedene Dialekte im Tal gesprochen werden. Eine Gewährsperson sagte „gerik“ zu Stein, eine andere „geil“ – es ist dasselbe Wort, aber das mußte man erst herausbekommen

4) Denken Sie, dass nonverbale Kommunikation als „Muttersprache“ die Menschen weltweit verbindet? Können sich alle Menschen weltweit ohne Worte verständigen?

In der Tat, uns Menschen eint unsere Körpersprache, insbesondere die Mimik, die trotz großer kultureller Unterschiede in allen Weltgegenden sehr ähnlich bis identisch ist. So werden unsere inneren emotionalen Zustände für den anderen, auch für den Fremden, erkennbar und durch Empathie erlebbar. Es gibt gewisse Unterschiede in den Regeln, wie stark man bestimmte Emotionen nonverbal mitteilt, aber Mimik und (in geringerem Maße) Gestik und Körperhaltung sind in der Tat eine Weltsprache.

5) Wie wichtig ist die Muttersprache aus Ihrer Sicht für die Entwicklung von menschlichem Verhalten?

Extrem wichtig. Ein Neugeborenes wächst im Normalfall in eine Familie hinein, in der ein oder zwei Sprachen gesprochen werden. Alles, was es erlebt, schlägt sich muttersprachlich nieder und wird von ihm so ausgedrückt. In der Muttersprache steckt ein großer Reichtum an Wörtern und geistigen Konzepten. Es ist schade, dass die Kinder, auch meine Enkel, kaum noch bayerisch lernen, obwohl sie hier geboren sind und hier leben. In Neuguinea sterben jedes Jahr viele Sprachen aus. Ich denke und hoffe, dass die Eipo-Sprache diesem Schicksal entgehen wird. Zusammen mit ihren Nachbarn in der Mek-Sprachfamilie sind die Eipo etwa 40.000 Menschen, ihre Zahl nimmt ständig zu. Außerdem sind sie stolz auf ihre Sprache. Zu Recht.

Foto: W. Schievenhövel im Gespräch mit einer Eipo-Frau, deren Geburt ihres ersten Kindes er 1975 dokumentiert hatte

REGENWALD
Eine Ausstellung der VERANSTALTUNGS+KONGRESS GmbH Rosenheim in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns und dem Museum Fünf Kontinente

Ausstellungszentrum Lokschuppen Rosenheim
Rathausstraße 24, 83022 Rosenheim
Öffnungszeiten: 20. März bis 29. November 2015
Mo – Fr von 09:00 – 18:00 Uhr
Sa, So u. Feiertag von 10:00 – 18:00 Uhr

Informationen und Buchung
Mo – Fr von 09:00 – 17:00 Uhr, Telefon: +49 (0) 8031 3659036
Fax: +49 (0) 8031 3659030
E-mail: lokschuppen@vkr-rosenheim.de

 

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